Gemeinschaftliches Wohnen fördert Vielfalt in der Stadtentwicklung

Anfrage zur Sitzung des Gemeinderats am 26.06.12

Anfrage

Die Verwaltung wird gebeten folgende Fragen zu beantworten:

1. Seit März 2012 gibt es einen Runden Tisch Gemeinschaftliches Wohnen in Mannheim. Die Stadt Mannheim unterhält bei Dezernat IV / Fachbereich Städtebau
eine Koordinierungsstelle Gemeinschaftliche Wohnprojekte. Wie und in welchem Umfang kann die Stadt Mannheim den Runden Tisch Gemeinschaftliches Wohnen
unterstützen und welche Gegenleistungen kann sie im Gegenzug vereinbaren (Informations- und Beratungsleistungen für Wohngruppen und Interessierte,
Wohnbörse, gemeinsame Projekttage, Öffentlichkeitsarbeit o.a.)?
2. Selbstorganisierte Wohngruppen sind dort erfolgreich, wo Gruppe, Grundstück, Geld und Beratung vorhanden sind. Welche Strategie verfolgt die Stadt
Mannheim zur Unterstützung selbstorganisierter Wohngruppen, damit sie ihre Projekte schnell, effektiv und kostengünstig umsetzen können?
3. In anderen Städten (Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, Marburg, Tübingen, Freiburg) werden bei der Ausweisung neuer Stadtentwicklungsgebiete oder
Konversionsflächen in bestimmtem Umfang und zu besonderen Konditionen Flächen für Gemeinschaftliches Wohnen reserviert bzw. vergeben. Außerdem setzen
solche Städte weitere Akzente einer erwünschten Nutzung durch gezielte Förderung von barrierefreiem Wohnen und barrierefreien Wohnungszugängen. Welchen
Weg will die Stadt Mannheim hier künftig in ihrer Wohnraumförderung gehen?
4. Es gibt gelungene Beispiele, die auf Konversionsflächen gezielt Wohnraum für Geringverdiener-Haushalte und Familien auf Konversionsflächen geschaffen
haben (Smiley Barracks Karlsruhe / Mika – MieterInneninitiative Karlsruhe Wohnungsgenossenschaft e.G., BW Vario Häuser Bietigheim-Bissingen oder das
Denkendorfer Familienmodell „Step by step“ zum Eigenheim). Wie kann die Stadt Mannheim sicherstellen, dass auf den Konversionsflächen auch Haushalte
mit besonderem Wohnbedarf angemessen und bezahlbar zum Zuge kommen?
5. Das Mehrgenerationenwohnen ist durch seine Elemente gegenseitiger Hilfe über Gene-rationen hinweg und die Vorsorge für den Betreuungsfall eine
gesuchte Wohnform. Welche Entwicklungschancen sieht die Stadt Mannheim beim Mehrgenerationenwohnen?
6. Den Genderaspekt spielt beim Gemeinschaftlichen Bauen und Wohnen eine wichtige Rolle. Beispielhaft ist dies z.B. umgesetzt in Planungsverfahren der
Frauenbeauftragten des Rhein-Pfalz-Kreises und in geschlechtergerechten Wohnbauvorhaben des Berliner Senats für Stadtentwicklung. Wie wird von
städtischer Seite sichergestellt, dass bei der Überplanung von Konversionsflächen auf Geschlechtergerechtigkeit geachtet wird?
7. Die Nachfrage nach Gemeinschaftlichem Wohnen steigt, neue gesellschaftliche Milieus und die demografische Entwicklung befördern dies. Wie sieht das
städtische Konzept für Gemeinschaftliches Wohnen im Rahmen der Gesamtplanung für die verschiedenen Areale der Konversionsflächen aus? Wie lassen sich
Wohnen, Arbeiten, Gewerbe, Kultur und Grün kreativ zu neuen Nachbarschaften verbinden? Wie zukunftsfähig schätzt die Stadt Mannheim das Modell
Gemeinschaftliches Wohnen für Konversionsflächen ein und unter welche Voraussetzungen wird daraus eine besondere Marke der Wohnraumförderung und
Stadtentwicklung in Mannheim?

Begründung

Die Antragstellerinnen sehen im Gemeinschaftlichen Wohnen ein großes Potenzial für die urbane Entwicklung, die Förderung gelingender Nachbarschaftsbeziehungen und den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt. Sie begrüßen die Selbstorganisation des Runden Tisches Gemeinschaftliches Wohnen und befürworten alle Aktivitäten der Stadt Mannheim, diese Wohnformen voranzubringen.
Die demografische Entwicklung macht Gemeinschaftliches Wohnen zu einer Zukunfts-branche. Dafür sprechen viele Faktoren: die gesellschaftliche Alterung, die Vereinzelung mit dem Risiko sozialer Isolation im Gefolge, Präferenzen für bunte Lebensstile und Milieus, gemeinschaftliche Lebens- und Wohnformen als Antwort auf drohende Verarmungs- und Ausgrenzungsprozesse u.a.m.
Gemeinschaftlich Wohnen ist ein dynamischer, beteiligungsintensiver Prozess und immer auch Ausdruck einer kreativen, experimentellen Kultur in der Stadt. Dahinter versammeln sich immer auch viele Akteure und Engagierte: neben den Aktiven der Wohngruppen sind das Projektentwickler und Investoren, Expert/-innen und Forscher/-innen für eine gute Praxis, Wohnungsunternehmen und Genossenschaften, die beratend und ggf. investiv zur Seite stehen u.a.m.
Stadtentwicklung und Kommunale Wohnraumförderung sollten sich deshalb gezielt auf den Förderschwerpunkt Gemeinschaftliches Wohnen einstellen und ausloten, welche Startvoraussetzungen, Beratungsstrukturen und Förderbedingungen geeignet sind, der bürgerschaftlichen Zukunftsbranche Gemeinschaftliches Wohnen den Weg zu ebnen.
Im Antrag „Kinderfreundliches Mannheim“ vom 08.06.2009 haben die GRÜNEN bereits verschiedene Modelle angeregt, wie einkommensschwächere Familien – und damit vor allem auch Alleinerziehende – kostengünstig Wohnraum erwerben können. Mit dem Abzug der amerikanischen Armee ergeben sich völlig neue Entwicklungsmöglichkeiten für große Teile der Stadt. Gerade gemeinschaftliches Wohnen bietet viele Möglichkeiten, um Toleranz, Vielfalt und Gerechtigkeit zwischen den Generationen, Geschlechtern und Einkommensgruppen auch abseits klassischer Familienkonstruktionen zu fördern. Frauen sind aufgrund ihres deutlich niedrigeren Einkommens häufiger auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen. Sie sind häufig auf barrierefreies Wohnen und Unterstützung durch Pflegedienste angewiesen, da sie einerseits eine höhere Lebenserwartung haben als Männer, andererseits aber meist über eine deutlich niedrigere Rente verfügen.

Print Friendly, PDF & Email

26. Juni 2012
Kategorien: Anfragen 2012 | Schlagwörter: , |