Bewohnergarten statt Bewohnerparken?
Anpassung der Bewohnerparkgebühren ab 2023
Die „Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt)“ deckelte lange Bewohnerparkgebühren bundesweit auf jährlich 30,70 Euro. Für gerade mal 2,56 Euro im Monat erhielt man seit 1993, das Recht, bei Verfügbarkeit, rund 10 Quadratmeter (0,25 Euro/qm) öffentlichen Raum zu nutzen. Ungerecht ist das in vielerlei Hinsicht. Als Mensch ohne Auto hat man nicht die Möglichkeit für diesen Betrag 10 qm öffentlichen Raum z.B. mit einem kleinen Garten zu belegen.
Seit Juli 2020 ist die Deckelung aufgehoben und viele Städte haben bereits angepasst. Freiburg mit jährlich 360 Euro, Karlsruhe 180 und ab 2024 ebenfalls 360 Euro, Ludwigsburg 150 Euro, Heidelberg, Reutlingen und Tübingen mit jeweils 120 Euro. In Amsterdam sind 535 Euro und in Stockholm gar 827 Euro fällig.
In Mannheim hat die Verwaltung berechnet, dass die Herstellungs- und Unterhaltungskosten für einen Bewohnerparkplatz jährlich 127,50 Euro betragen. Viele Jahre wurden also rund 15.000 solcher Plätze mit insgesamt rund 15 ha (21 Fußballfelder) wertvollem Raum subventioniert.
Ab 2023 wird nun in einem ersten Schritt von 30,70 Euro auf 63,75 Euro erhöht, dann ab 2024 auf 95,63 Euro und ab 2025 auf, erstmals kostendeckend, jährlich 127,50 Euro. Es wird 20% Nachlass für Schwerbehinderte und SGB II-Leistungsbezieher geben. Eine weitere Erhöhung für große Autos fehlt und wäre derzeit rechtlich unsicher.
Wenn jetzt einige Vertreter*innen im Gemeinderat, bei einer vergleichsweise vorsichtigen Erhöhung, von Ungerechtigkeit und sozialen Problemen sprechen, dann ist das mehr als fadenscheinig. Wer sein Herz für sozial benachteiligte Menschen erst bei den Bewohnerparkgebühren entdeckt, übersieht, dass die meisten Menschen kein Auto fahren und besonders diejenigen mit geringem Einkommen eher auf dem Fahrrad sitzen. Er übersieht auch, dass mehr Raum für attraktive und sichere Alternativen zum Autoverkehr gebraucht wird. Er missachtet die Tatsache, dass wir angesichts der Klimakrise mehr Grün brauchen und aufhören müssen immer weiter Flächen zu versiegeln.
Wir GRÜNE hätten uns bei der Gebührenanpassung mehr Mut gewünscht. Um Lenkungswirkung zu erzielen und Alternativen zum Autofahren zu schaffen, braucht es konsequenteres Vorgehen. Ab 2025 beträgt die Gebühr immer noch lediglich 1 Euro je Quadratmeter im Monat. Ich wäre bereit, für diese Kosten einen kleinen Garten am Straßenrand zu pflegen. Schade, Bewohnergarten statt Bewohnerparken gibt es in der neuen Gebührensatzung nicht.
Herr Gerhard Fontagnier, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und verkehrspolitischer Sprecher Bündnis 90/ DIE GRÜNEN im Gemeinderat.