Anfrage zur Sitzung des Gemeinderats am 10.02.2015

Anfrage:

Das Land hat im Jahr 2006 muslimischen Religionsunterricht sunnitischer und alevitischer Richtung in einem Schulversuch eingeführt. Dieser Schulversuch wurde mittlerweile verlängert und ausgeweitet. Aktuell hat die Landesregierung eine nochmalige Ausweitung angekündigt. Mannheim war 2006 mit drei Schulen – Astrid-Lindgren-Schule (alevitischer Religionsunterricht), Neckarschule (sunnitischer RU) und Humboldtgrundschule (sunnitischer RU) – beteiligt. Für den Gemeinderat ist von Interesse, wie sich dieser Schulversuch entwickelt hat und welche Perspektiven es gibt. Daher sind folgende Fragen von Interesse:

1. Gibt es an den drei Schulen aktuell noch den muslimischen Religionsunterricht?
2. Sind im Laufe der Zeit weitere Schulen hinzugekommen? Wenn ja, welche und mit welcher Form des muslimischen RU?
3. Welche Klassenstufen erhalten muslimischen RU an den Schulen, die diesen generell anbieten?
4. Wie wird der RU an den betroffenen Schulen angenommen? Nehmen alle Kinder sunnitischer Glaubensrichtung am sunnitischen RU teil bzw. alle Kinder alevitischer Glaubensrichtung am alevitischen RU? Wie hoch sind die Abmeldezahlen?
5. Müssen die Kinder aktiv angemeldet werden, wenn sie am muslimischen RU teilnehmen sollen oder müssen die Kinder abgemeldet werden, wenn sie am muslimischen RU nicht teilnehmen sollen?
6. Nehmen Kinder mit anderer muslimischen Glaubensrichtung am sunnitischen RU bzw. am alevitischen RU teil?
7. Nehmen an den Schulen Kinder anderer Konfessionen oder konfessionsfreie Kinder am muslimischen RU teil?
8. Was passiert mit den Kindern, die weder evangelischen, katholischen bzw. muslimischen RU haben? Liegt der Unterricht generell in den Randstunden? Wenn das nicht in 100% der Fälle so ist, was passiert in den Fällen, in denen das nicht der Fall ist?
9. Gibt es vermehrt Anträge für Kinder sunnitischer bzw. alevitischer Glaubensrichtung Anträge auf Schulbezirkswechsel hin zu den Schulen mit muslimischen RU?
10. Haben sich aktuell weitere Schulen für den Schulversuch muslimischer RU beworben oder planen dies?
11. An welchen Schulen, die noch keinen muslimischen RU haben, ist der Anteil an muslimischen Schülerinnen und Schülern am höchsten? Gibt es eine Häufung von sunnitischen Schülerinnen und Schülern an bestimmten Schulen? Gibt es eine Häufung von Schülerinnen und Schülern alevitischer Glaubensrichtung an bestimmten Schulen?

Begründung:

In der aktuellen politischen Situation wird viel über muslimischen Religionsunterricht gesprochen. In Mannheim gibt es diesen seit dem Jahr 2006 an einigen Schulen. Für den Gemeinderat stellt sich die Frage nach der Perspektive dieses Religionsunterrichts. Mittel- bis langfristig erscheint ein integrativer religionskundlicher Unterricht eine interessante Perspektive zu sein, in dem alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam die verschiedenen Religionen und
Weltanschauungen kennenlernen und gemeinsam über Werte und Normen diskutieren. Dieser Unterricht könnte dann, sofern gewünscht, noch durch ein freiwilliges bekenntnisorientiertes Unterrichtsfach ergänzt werden. Dieses anzustrebende Ziel lässt die aktuelle Verfassungslage derzeit in Baden-Württemberg noch nicht zu. Solange dies so ist, ist aus Gründen
der Gleichberechtigung der Ausbau des muslimischen Religionsunterrichts anzustreben, auch wenn die zunehmende Pluralisierung und Säkularisierung der Gesellschaft die Ausweitung von segregiertem Religionsunterricht mittelfristig nicht als flächendeckend umsetzbar erscheint. Dies ist jedoch auf Landesebene zu klären. Dringend ist auch der Ausbau des Faches Ethik, das es bisher nur in höheren Klassenstufen an weiterführenden Schulen gibt. Auch hier ist das Land gefordert.